DER CHEF | THE BOSS

Der Chef - Drehbuch von Ricardo Salva
DER CHEF DOSSIER
THE BOSS DOSSIER
Eben noch hat Victor K. den russischen Oli­gar­chen Tarkowski im Kampf um einen hoch­do­tierten Industrieauftrag nach allen Regeln der Kunst ausgestochen. Nun steht er am Fenster seines noblen Büros und starrt in den verreg­neten Park. Die Eintönigkeit des Alltags hat ihn wieder, und das macht ihm zu schaf­fen. Bei der Sichtung der Tagespost fällt ihm ein Brief in die Hand, der seine Lethargie schlag­artig vertreibt: er enthält delikate Foto­grafien und Forderungen fi­nanzieller Art. Alle Anzei­chen deuten darauf hin, daß Victors engs­ter Mitarbeiter Roman eine Intrige insze­niert. Falsche Fährten füh­ren den Chef ge­radewegs in einen Gerichts­saal, wo er sich für einen Mord verantwor­ten muß, den er nicht began­gen hat. Im Lauf der Verhandlung stellt sich heraus: Nicht nur die Erpressung und der Mord, auch Victors Leben ist inszeniert. Der mäch­tige Industrieboss hält sich einen Stab von Autoren und Akteuren, deren einzige Auf­ga­be es ist, Abwechslung in sein lang­weiliges Leben zu bringen. Und Roman führt Regie in diesem Leben.

Ein Blick hinter die Kulissen zeigt das Making of a Life. Aber lassen sich Victors hohe An­sprüche ans Leben innerhalb einer Inszenie­rung über­haupt befriedigen? Zu den Aufgaben eines Re­gisseurs gehört es, selbst die aufre­gendsten Abenteuer jeder­zeit zu kontrollie­ren, doch Ro­man ist durch­aus darauf be­dacht, die Schau­spieler in un­erwartete Situa­tionen zu manöv­rieren.
Nur so kann er seinen künstlerischen An­spruch befriedigen und demonstrieren, wel­che Auswirkungen ein inszeniertes Spiel auf das Leben hat und umgekehrt. Indem die Akteure private Probleme in ihre Rollen transportieren und ihre Rollen wiederum nutzen, um sich Vorteile im realen Leben zu verschaffen, tra­gen sie ihren Teil dazu bei, daß sich fiktive Handlung und wahres Leben vermischen. Selbst der Regisseur ist davor nicht gefeit, wie sich am Beispiel Natascha zeigt: Die Gespielin des Chefs steckt auch mit ihm hin und wieder unter einer Decke. Victor untersagt ihm kur­zerhand den pri­vaten Um­gang mit ihr. Roman setzt sie daraufhin gleich ganz vor die Tür. Natascha kann den Verlust des Rampenlichts nicht verwinden und droht, Victors Frau ins Ver­trauen zu ziehen, womit sie Victor zur Ver­söhnung zwingt. Und weil Natascha Bett­szenen besonders leiden­schaft­lich spielt, be­kommt sie ihre Rolle zurück. Ro­man be­fürch­tet inzwischen, daß sich Nata­scha selbst nicht mehr sicher ist, ob sie real ist oder sich nur spielt. Er muß sie ermahnen, ihre Rolle nicht zu ernst zu nehmen.

Ernst wird es allerdings, als sich ein ge­feu­erter Schauspieler nicht mehr ans Drehbuch hält und den Chef entführt: Die inszenierte Wirk­lichkeit wird zur Realität …