KÖNIGE DES SAMBA
REIS DO SAMBA
Tagtäglich schleppt der Obsthändler José seine Obstkörbe die steile Treppe zur Igreja do Espírito Santo hinauf, weil er glaubt, daß er mit Gottes Hilfe mehr verkauft. Gott ist bekanntermaßen Brasilianer. Insofern kann den Geschäften ein wenig Nationalstolz gewiß nicht schaden, denkt José, während er seine Kokosnüsse und Melonen mit blauen Weintrauben garniert und gewissenhaft zu einem Abbild der brasilianischen Flagge arrangiert. Ordnung und Fortschritt hat sich die Nation auf die Fahne geschrieben. Doch als der Dieb Ricardo versehentlich gegen den Obststand stößt und die Früchte brasilianischer Arbeit dem Fortschritt unterwirft, verkehrt sich die Ordnung ins Gegenteil.
Auch die alte Maria nimmt die Mühen des Aufstiegs in Kauf, weil sie mit Gott ein Wörtchen zu reden hat. Auf halber Strecke muß sie eine Pause einlegen. Im gleißenden Sonnenlicht erscheint ihr die Kirche nun wie eine Illusion. Als sie schließlich vor den Kirchentoren steht, hört sie die Melodien des Sambamusikers Roque und beschließt, den Himmel noch ein bißchen warten zu lassen.
Ein Meister in der Kunst des Wartens ist ihr Ehemann Walter; das hat er erst heute wieder in der Schlange vor dem Postamt bewiesen. Da dem Beamten erst das Wechselgeld und dann die Briefmarken ausgehen, hat sich das Warten freilich als vergeblich erwiesen. Auch auf seine Frau wartet Walter an diesem Abend vergeblich, denn Gott will jetzt persönlich mit ihr sprechen.
Auch Mateus ist ein gläubiger Mann. Mehr noch als Gott betet er freilich seine Nachbarin Lorena an. Die Kurvengöttin ist in den Telenovela-Star Antonio verliebt, und weil diese Liebe nicht eben glücklich verläuft, erhält Mateus ausreichend Gelegenheit, seine Angebetete mit Gottes Wort zu trösten. Da er ihr auch im Alltag gern unter die Arme greift, ist es nur eine Frage der Zeit, bis er sich auch mal an verbotenen Früchten vergreift.
Die Versuchung lauert überall, findet jedenfalls der Dieb Ricardo. Sogar während des Gottesdienstes wird er zum Diebstahl verführt. Der Herr hat ein Auge zugedrückt, der Vater nicht. Prompt nimmt er ihm die Beichte und die Beute ab. Während sich Ricardo von seinem hübschen Opfer trösten läßt, verprassen Vater und Pfarrer die Beute in Maximos Bar. Doch die Bestohlene ist nicht ganz so unbedarft, wie es den Anschein hat.
Ricardo treibt sich auch in Lorenas Geschichte herum. Dort hat er auch nicht mehr Glück, weil ihn der Nachbarshund Carinha inflagranti erwischt. Die nach christlichem Credo erzogene Carinha bringt das Diebesgut artig zu ihrem Herrchen Mateus und wird für den Diebstahl prompt mit Hausarrest bestraft. Mateus legt die Geldbörse an den Tatort zurück, und Lorena kann ihre Einkäufe erledigen, als ob nichts geschehen wäre.