Ordnung und Fortschritt
Der Wahlspruch auf der brasilianischen Flagge

Der Aufstieg zur Igreja do Espírito Santo ist lang und beschwerlich. Dennoch sind auf der Treppe viele Leute unterwegs. Selbst Krüppel nehmen die Mühen des Aufstiegs in Kauf. Sie versprechen sich nicht etwa eine Wunder­hei­lung, sondern ein Almosen von den zahl­rei­chen Passanten. Fliegende Händ­ler preisen marktschreierisch ihre Wa­ren an, und der Dieb Ricardo wartet auf die passende Zu­griffs­möglichkeit. Der Obst­händ­ler José schleppt sei­ne Körbe zum Praça do Espírito Santo hinauf. Er betreibt seinen Obststand neben der Kirche, weil er glaubt, daß er mit Gottes Hilfe mehr ver­kauft. Gott ist bekann­termaßen Brasilianer. Insofern kann den Ge­schäften ein wenig Na­tionalstolz nicht scha­den, denkt José, während er seine Kokosnüs­se und Melonen liebevoll mit blauen Wein­trauben garniert
 


und gewissenhaft zu einem Abbild der bra­si­li­a­nischen Flagge arrangiert. Ordnung und Fort­schritt hat sich die Nation auf die Fahne ge­schrieben. Doch als der Dieb Ricardo ver­se­hentlich gegen den Obststand stößt und die Früchte brasilianischer Arbeit dem Fort­schritt unterwirft, verkehrt sich die Ordnung ins Ge­gen­teil. Wie ein Sturzbach rollen die Frucht­massen die Treppe hinunter, die Leu­te stie­ben in heller Aufruhr auseinander, und der Dieb nutzt das Chaos, um sich aus dem Staub zu machen.

Die als Ordesso-Treppenszene in die Film­ge­schichte eingehende Szene zitiert Sergej Ei­sen­steins Odessa-Treppenszene aus Pan­zer­kreuzer Potemkin.